Das neue Fahrplankonzept

Segen oder Fluch?

Auf der Tauberbahn zwischen Crailsheim und Wertheim ist es in den letzten Jahren zu massiven Beeinträchtigungen gekommen. Die Fahrgäste mussten viele Verspätungen, Zugausfälle und Schienenersatzverkehre mit Bussen ertragen. Zumindest kurzfristig ist kein Ende der Probleme in Sicht. Gründe dafür sind eine veraltete Infrastruktur und ein Mangel an Personal.

Die Westfrankenbahn, die sowohl für die Infrastruktur, als auch für den Betrieb auf dieser Strecke verantwortlich ist, schlägt nun ein neues Fahrplankonzept für die Tauberbahn vor. Es ist Teil eines Maßnahmenpakets zur Lösung der Probleme, das das Land, die Nahverkehrsgesellschaft Baden-Württemberg und die Landkreise Miltenberg, Main-Tauber und Schwäbisch Hall im Februar 2023 mit der Westfrankenbahn vereinbart haben. Das neue Fahrplankonzept sieht gegenüber dem bisherigen Fahrplan auf der Kursbuchstrecke 782 zwischen Crailsheim und Miltenberg eine um 8 Minuten längere Gesamtfahrzeit vor und will mit diesem Puffer mehr Fahrplanstabilität erreichen. Die Ankunfts- und Abfahrtszeiten an den Haltepunkten verschieben sich im Bereich zwischen 8 und 20 Minuten. Als Vorteile nennt die Westfrankenbahn, an den bisher nicht im Stundentakt bedienten Haltepunkten Edelfingen, Distelhausen und Dittigheim im Stundentakt halten zu können. Außerdem soll es möglich werden, einen neuen Haltepunkt am Solymar in Bad Mergentheim einzurichten. In Crailsheim würden die bisher knapp verpassten Züge nach Nürnberg erreicht. Doch womit werden diese Verbesserungen erkauft?

Die Initiative Pro Tauberbahn sieht in dem neuen Fahrplankonzept folgende Nachteile für die Region Hohenlohe-Franken:

  • Der RE 87 auf der Kursbuchstrecke 782 von Crailsheim nach Wertheim kommt bisher in Lauda zur Minute 46 an und fährt zur Minute 52 weiter nach Wertheim. Zukünftig sollen diese Züge in Lauda zur Minute 58 ankommen und zur Minute 00 weiterfahren. Damit verkürzt sich zwar die 23-minütige Umsteigezeit zum RE 8 nach Stuttgart um 11 Minuten. Das ist auf dem Bahnhof ein Vorteil, da er keinen geschlossenen und beheizten Warteraum mehr hat. Der RE 8 nach Würzburg, der zur Minute 50 abfährt, wird dadurch jedoch verpasst. Der RE 8 ist für alle Reisenden wichtig, die den ICE-Knoten zur Minute 30 in Würzburg erreichen wollen, um zum Beispiel nach Berlin, Bremen oder Hamburg zu fahren. Vom Verlust ihres Anschlusses zur Minute 30 in Würzburg betroffen wären auch Nutzende der Regionalexpress-Züge in den Raum Nürnberg, Bamberg, Rhein-Main und Treuchtlingen. Für Fernreisende verlängert sich die Gesamtreisezeit durch die vorgesehene Fahrplanänderung um ca. 45 Minuten! Dies macht das Bahnfahren unattraktiv. Fernreisende werden allenfalls noch, sofern das möglich ist, mit dem Auto nach Lauda fahren, um von dort mit dem RE 8 ihre Anschlusszüge in Würzburg zu erreichen. Der RE 87 verliert dadurch Fahrgäste. Besonders kritisch ist der verlorene Anschluss in Lauda für die Kur- und Tourismusstadt Bad Mergent­heim, deren Gäste sich schon heute über eine schlech­te Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln beklagen. Diese Klagen dürften mit dem neuen Fahrplankonzept noch zunehmen.
  • Verpasst werden mit dem RE 87 aus Crailsheim in Lauda auch die Anschlüsse zur – aus dem Probe- in den Regelbetrieb überführten – RB 85 nach Osterburken, die zur Minute 52 in Lauda abfährt und von den beiden Landkreisen Main-Tauber und Neckar-Odenwald stark subventioniert wird. Auch sie wird durch das neue Fahrplankonzept Fahrgäste verlieren.
  • Der RE 87 aus Wertheim kommt nach dem neuen Fahrplankonzept zwar um 12 Minuten früher in Lauda an. Das stellt jedoch keine Verbesserung gegenüber dem status quo dar, denn der für Fernreisende wichtige Anschluss zum RE 8 nach Würzburg bleibt ebenso unerreichbar wie die RB 85 nach Osterburken.
  • In Crailsheim soll der RE 87 künftig zur Minute 14 statt zur Minute 26 ankommen. Dadurch verlängert sich die Umsteigezeit zum RE 80 (Kursbuchstrecke 783, Hohenlohebahn) nach Schwäbisch Hall-Hessental und Heilbronn um 12 auf dann 24 Minuten. Diese lange Umsteigezeit macht die Verbindung für Berufspendler unattraktiv. Es wird zu Fahrgastverlusten kommen.
  • Standardmäßig bietet das Buchungssystem der Deutschen Bahn stets die schnellsten Verbindungen an. Reisen z.B. aus dem Raum Ulm nach Würzburg werden dann nicht mehr über die Tauberbahn angeboten, sondern über Ansbach oder über die Frankenbahn. Dadurch verliert die Tauberbahn Kunden.
  • Die Verschiebung der Ankunfts- und Abfahrtszeiten an allen Bahnhöfen und Haltepunkten der Tauberbahn hat Folgen für die Nahverkehrsplanung der Landkreise. Die Busverkehre müssen an die neuen Zeiten angepasst werden, was zu erheblichen Schwierigkeiten führen wird.
  • Ebenso betroffen sind die Schulen, die ihre Zeiten an die veränderten Fahrpläne anpassen müssen.

Nach Ansicht der Initiative Pro Tauberbahn ist das geplante neue Fahrplankonzept mit vielen schwerwiegenden Nachteilen verbunden, möglicherweise sogar existenzbedrohend für die Tauberbahn, so dass es keinesfalls umgesetzt werden sollte.

Die Initiative Pro Tauberbahn setzt sich für einen verkehrswendetauglichen, verlässlichen und pünktlichen Zugverkehr auf der KBS 782 ein. Sie ist der Meinung, dass mit ihren Vorschlägen Fahrplanstabilität, der Anschluss zum Fernverkehr in Würzburg und zur RB 85 nach Osterburken, die Bedienung aller Haltepunkte im Stundentakt und die Einrichtung zusätzlicher Haltepunkte erreicht werden können.

Zurück